| blue adj. [fig.] | traurig |
Tag 14 unserer Reise, das Zwischenziel ist die Stadt Greenville am Mississippi. Wir sind wenig informiert und schließen aus den verfügbaren Karten auf ein malerisches Örtchen mit schönem Blick über den gewaltigen Fluss. Diese Vorstellungen sind falsch, Greenville ist arm, viele Viertel wirken heruntergekommen, Häuser sind mit Brettern vernagelt oder bereits zusammengefallen, in den ungepflegten Gärten stehen ausgeschlachtete Autos, ausrangierte Möbel oder anderer Unrat liegen herum. An den Straßen stehen zwielichtige Gestalten alleine oder in Gruppen herum. Google Streetview hat diese Viertel nicht aufgenommen und wir machen das auch nicht.
Am Mississippi liegen Kasinos vor Anker, Glücksspiel ist auf festgemachten Schiffen erlaubt im Staat Mississippi. Der Staat ist einer der ärmsten und konservativsten Staaten in den USA, das Schulsystem ist schlecht und der Ausbildungsstand und das Durchschnittseinkommen der Bevölkerung sind gering. In den Schulen werden Schüler von den Lehrern geschlagen, das ist zwar in einigen Staaten legal, aber hier kommt es auch häfig vor (paddling). Dafür gibt es viele und erstaunlich gepflegte Kirchen, wir sind im Zentrum des “Bibel Belt”. An den Kirchen, an denen wir entlang des Highway 61 am Vormittag vorbeifahren, sind die Parkplätze voll. Armut, geringe Bildung, Paddling, volle Kirchen, Blue Mississippi. Ein trauriger Staat.
Die traurige Stimmung wird verstärkt von nebligem und trübem Wetter, wobei auf unserer Route nach Süden das Klima wärmer und feuchter geworden ist. Nachdem wir in Memphis tagsüber gefroren haben und gestern zumindest noch nachts, wird Temperatur ab heute (hoffentlich) kein Thema mehr sein.
Bei Vicksburg beenden wir unsere Fahrt für heute. Hier hat eine wichtige Schlacht im Amerikanischen Bürgerkrieg stattgefunden, die Nordstaaten haben die Südstaaten besiegt und die Kontrolle über den Mississippi errungen.




Wieso macht Google Street View und damit die Welt vor einem Teil der Realität die Augen zu? Solche versteckten Realitäten neigen dazu, ob man will oder nicht, sich bei Gelegenheit in den Vordergrund zu schieben. Das ist dann unangenehmer als ein paar Fotos auf Google Street View.