Wir sind zum Eisessen eingeladen, Elli und Hans, ein älteres Ehepaar aus dem Yachtclub, die in unserer Nähe wohnen. Natürlich sind die Namen nicht die richtigen und auch den genauen Ort der Ereignisse werde ich nicht offenlegen, aus Gründen der Diskretion und des Respekts.
Das gesellschaftliche Ereignis beginnt unverfänglich, Elli und Hans freuen sich uns zu sehen. Elli und e. setzen sich nach der Begrüßung ins Esszimmer, Hans und ich kümmern uns um das Eis. Hans will zwei Kugeln und alle übrigen ziehen mit. Das Zeug ist bretthart, ich habe meine Mühe, Hans kommentiert wohlwollend. Endlich habe ich dem Block Acht Kugeln abgerungen, wir setzen uns zu dem Damen ins Esszimmer. Ich bin ziemlich fertig. Der Fernseher läuft, ein Beitrag über den Marsch gegen Brustkrebs. “Ich hatte auch Brustkrebs!”. Hat Elli das wirklich gerade gesagt? Das ist ein ziemlich offenherziges Statement. Hans steigt darauf ein: “Ja, und kurz darauf waren wir auch bei diesem Masch.” Elli nickt, Hans fährt fort: “An dem Tag hast Du den Notarzt als “Motherfucker” beschimpft, weisst Du noch?”. Ich bin irritiert, das hier hat mit flockigem Smalltalk nichts mehr zu tun. Elli ist nachdenklich: “Ja, bei diesem Marsch bin ich gestürzt und dabei habe ich mir das Glas meiner Brille in den Kopf gerammt…”. Hans ergänzt hilfsbereit “… das Blut hat nur so gespritzt!”. Mit der Vorstellung kann ich nicht gut um, mir wird langsam schummrich. Elli zieht bedeutungsvoll die Augenbrauen hoch: “Das war ganz knapp neben dem Auge!” Hans nickt. “Unser Hund ist wieder Gesund!”, werfe ich schnell ein, mein Stuhl hat keine Armlehnen, das kann mir zum Verhängnis werden. Aber meine Kursänderung greift nicht. “Dein ganzes T-Shirt war voller Blut…”, ich richte meinen Blick aus dem Fenster, ich muss mich konzentrieren. “… und dann hat doch der Notzarzt festgestellt, dass die frische Naht der Brustimplantate…”, ich versuche an Kolibris zu denken, “auf ganzer Länge aufgerissen ist… “, ich schaffe es nicht, mehr Kolibris! “… blutige Implantate herausge…”. Es rauscht in meinen Ohren, ich kann nichts mehr hören. Die Landschaft hinter dem Fenster verschwimmt, ich konzentriere mich darauf, aufrecht sitzen zu bleiben. Endlich weiß ich, warum umsichtige Zeitgenossen aus dem Flugzeug die Tütchen ‘aus der Sitztasche vor Ihnen’ sammeln. Wir schnell kann Bedarf danach entstehen. Die Tütchen von PanAm sollen übrigens inzwischen richtig wertvoll sein. Früher wurde feierlich die Zigarre mit der Hundertdollarnote angesteckt, heute macht der Yuppie von Welt zu gegebenem Anlass ein PanAm Tütchen voll. Als ich wieder hören kann, sind wir thematisch weitergezogen.
e. sitzt Elli gegenüber, lächelt und hört ihr aufmerksam zu.
Das war ziemlich knapp.
Von wegen oberflächliche Amerikaner, selten ein Thema mit so viel Tiefgang erlebt.
Ich empfehle zu solchen Gelegenheiten die “Ode an den kleinen grünen Kittklumpen, den ich eines Sommermorgens in meiner Achselhöhle fand” zu rezitieren. 🙂
Was habe ich gelacht! Bis es zu den PanAm-Tüten kam – letztens eine in einem alten Rucksack gefunden… Bin ich jetzt Millionärin? Sollte ich dem Chef mit der PanAm-Tüte Goodbye winken und mich auf den Weg auf die Bahamas machen??
FANTASTISCH!!!
Mehr Horrofilme gucken, das härtet ab. Du soft-egg! 🙂
ja, echt… kannst du denn gar nix ab?