Was ist anders, Folge VII – Pragmatismus oder “Ich bin der Martin, ne?”

Die German American Business Association hatte für heute Abend einen Vortrag organisiert, was bei der Expansion amerikanischer Unternehmen nach Deutschland zu beachten ist. Die Eckpunkte waren etwa: Die Unternehmensgründung ist aufwändiger als in den USA, Steuersätze sind deutlich höher, es ist sehr viel sehr detailliert reguliert, Mitarbeiter bekommen bezahlten Urlaub und 6 Wochen bezahlte Krankheit und sind nicht uneingeschränkt kündbar, am Wochenende und abends hat alles zu. Und so weiter, ihr wisst ja selbst Bescheid.

Das stimmt natürlich alles und ich kann aus eigener Anschauung bestätigen, dass vieles in den USA deutlich pragmatischer abläuft. Die Kehrseite dazu ist vielleicht, dass vieles auch nicht so ganz so gut funktioniert.

Beispiel: In Deutschland ist der Personalausweis ein solides Dokument der eigenen Identität, von Amts wegen verliehen und mit Meldeadresse versehen, der Bürger hat es bei sich zu führen und auf Verlangen vorzuzeigen. In den USA gibt es soetwas gleich gar nicht und ersatzweise dient der Führerschein als Ausweisdokument. Und wie das entsteht, hatte ich ja schon beschrieben.

Folglich, wenn ich meine Bank in Deutschland anrufe, dann tun die was ich beauftrage. Wenn ich meine Bank in den USA anrufe, dann muss ich erst fünf Sicherheitsfragen beantworten, bevor die denken so: “Hm, ja, vielleicht issers wirklich.”. Folglich, in den deutschen Mietvertrag kommt der Name, das Geburtsdatum, die Nummer des Personalausweises, die Ausstellende Behörde, Ausstellungsdatum und -ort. In den amerikanischen Mietvertrag kommt der Name, der genannt wird und die gezahlte Kaution. So richtig weiß man hier nie, mit wem man es zu tun hat. Und wenn ich mich ab morgen André nenne, dann wird mir niemand widersprechen.

Beispiel Ende.

Deutsche mag erstaunen, dass man so unbekümmert ist. Amerikaner mag verwundern, dass man sich so überwachen lässt. Ich mag keine Partei ergreifen. Es mag sein, dass Einwandern in Deutschland jedenfalls komplizierter ist. Von Amts wegen.

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One Response to Was ist anders, Folge VII – Pragmatismus oder “Ich bin der Martin, ne?”

  1. Marco says:

    Die Ausweis- und Meldepflicht wurde nach Abschaffung diverser Kaiserreiche und Dikataturen nur beibehalten, um ebendiese bei Bedarf schnell wieder schaffen zu können. Denn dazu muss man ja wissen, wie Andersdenkende heißen und wo sie sich gerade herumtreiben.

    DAS finde ich eine pragmatische Lösung. 🙂

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