Das Klo am oberen Ende der Wendeltreppe

Das empfundene Risiko hat oft nichts mit der tatsächlichen Gefahr zu tun, und die Lücke dazwischen entsteht meiner Meinung nach aus Unwissenheit. Vermutlich ist die Bevölkerung inzwischen weitgehend von dem Wissen durchdrungen, dass der Sensemann die Hand führt, wenn Susi die Haare in der Badewanne föhnt oder Herbert mit dem Messer im Toaster nach seinem Frühstück fischt. Aber wie ist die Gefahrenlage zum Beispiel beim Segeln? Im Sturm? Weit draußen auf dem Ozean? Statistisch gesehen eine unbedenkliche Situation. Die (mit Abstand) gefährlichste Situation beim Segeln ist im Hafen, beim Arbeiten am Boot: Ausgerutscht, Kopf aufgeschlagen und bewusstlos und ohne Schwimmweste im ruhigen Wasser ertrunken.

Das empfundene Risiko ist zu niedrig, sonst würden vermutlich mehr Menschen die Situation durch Tragen einer Schwimmweste auf das Niveau ihrer Risikobereitschaft entschärfen. Die individuelle Risikobereitschaft wirkt aber auch in anderer Weise gegen uns. Ich kann aus eigener Anschauung berichten, dass ich mit meinem Roller damals ganz anders unterwegs war (aaahhhh, oh-oh, gaaanz vooorsichtig jetzt …) als einige Jahre später mit dem Auto (olé-olé, das passt schon!).

Aus unserer Wohnung führt im Flur eine Wendeltreppe nach oben in das Badezimmer unserer Vermieter. Die Wendeltreppe wird von unserem Flur durch etwas getrennt, das ich hier sehr wohlwollend eine Tür nennen möchte. Eine Tür ohne jedweden Schallschutz. Mich hat das nicht gestört, meine Haltung war getragen von der Einstellung “lass die mal machen”. Offenbar aber wurde die Sachlage am oberen Ende der Wendeltreppe … verkrampfter gesehen. Diese Erkenntnis leite ich von den aufwändigen Maßnahmen ab, mit denen die Tür nun gedämmt wurde.

Ist es nun leiser? Nein, die Lärmemissionen wurden der neuen Situation angepasst, es ist genauso laut wie vorher. Mich stört es immer noch nicht, lass die mal machen. Aber ist es nicht spannend? Die Ereignisse legen den Schluss nahe, dass besserer Schallschutz durch  höhere Lärmverschmutzung ausgeglichen wird, ebenso wie größere Sicherheit durch riskanteres Verhalten. Jetzt stellt sich gleichsam natürlich die Frage, ob denn auch Schallschutz und Risikoverhalten korrelieren?

Ich glaube, die Frage möchte jetzt jeder alleine in seinem Herzen bewegen.

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2 Responses to Das Klo am oberen Ende der Wendeltreppe

  1. Marco says:

    Ich finde das hat Potenzial für eine mathematische Formel. Wenn also die Risikobereitschaft (r) abhängig wäre vom Schallschutz (S), müsste dies die Gefahrensituation (g) verschärfen. Das ist noch recht einfach.

    In deinem Fall kommt noch das Schamgefühl der Amerikaner (sA) und die voraussichtlich erzielte Lautstärke hinzu.

    Demnach hast du bereits eine erweiterte Formel, die ungefähr so aussieht:

    (g * 100) / l = (r – S) hoch sA

    Probier’s mal aus, ob das vielleicht auch bei der nächsten Präsidentenwahl passt. 🙂

  2. L says:

    interessant finde ich, dass sich eure vermieter als eigene wohnung die mit dem “außenklo” im flur am ende der wendeltreppe ausgesucht haben. was die bange frage aufwirft, ob ihr als mieter, um euer bad zu erreichen, erst einmal quer durch den garten müsst …?

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